M.s.g.D.u.H., liebe Kunstfreunde:
Mit Freude stelle ich Ihnen heute Bilder von USS vor. Sie nehmen schon auf den ersten Blick für sich ein, sind überwiegend farbstark, wirken lebendig, üben Anziehung, fordern geradezu auf, näher heranzutreten, sie zu betrachten und über sie zu nachzusinnen. Dabei erfährt man einiges über die Künstlerin und macht sich Gedanken über ihre Vorgehensweise, was auch der von mir bevorzugten Art der Kunstinterpretation entspricht.
USS kam auf einem Weg zur Kunst, den junge Künstlerinnen vor ihr, z.B. die 1880-1900 Geborenen freikämpfen mussten. Ich habe gerade einen Aufsatz über die Biographien von Anita Rée, Dorothea Maetzel-Johannsen und Elfriede Lohse-Wächtler geschrieben, die, ihrer Berufung zur Kunst sicher, die Ausbildung, Laufbahn einer freien Künstlerin und Karriere in einer Männer- dominierten Kunstszene durchsetzen mussten. USSs hatte es da schon leichter. Doch ihr traditionell gesinnter Vater meinte, sie heirate ja doch, eine freikünstlerische Ausbildung sei darum überflüssig. So setzte sie durch, „angewandte Kunst“ lernen zu dürfen. D.h. ab 1962 studierte sie an der Fachhochschule für Gestaltung in Hamburg zunächst bei Wilhelm M. Busch, Siegfried Oelke und Gero Flurschütz Illustration und Werbegrafik. Bis 1992 war sie als freiberufliche Grafikdesignerin tätig. Dann wagte sie den Übergang zur freien Kunst und begann ein Studium im Atelier der Akademie Leonardo bei Gerd Krenckel. Gemeinsame Malreisen in die Toskana, nach Sizilien, Andalusien, Griechenland, Potsdam, nach Indien, SW Afrika und den Scilly Islands boten künstlerisch Anregungen, weiteten den Horizont auf Unbekanntes. 2007 wurde sie Mitglied der Künstlergruppe „Kunstklima“ auf Eiderstedt.
Nun einige Angaben über das, was den Besucher einer Kunstausstellung neben dem Weg zur Kunst interessiert: Ihr Arbeitsfeld wurde - neben wenigen Porträts (dabei qualitätvolle Selbstbildnisse) - der Raum unserer Lebenswelt: in Hamburg der Jenischpark, Parkbilder und Bilder von der Elbe. Seit den achtziger Jahren arbeitet sie in Nordfriesland: Land und Wasser, Meer, Watt, Priele, Deiche, die alten Bräuche wie Biikebrennen, Drachenfeste am Strand, Objekte, die das Meer hinterlässt (Strandfund). In jüngster Zeit Themen vom Hamburger Dom, Hafencity und Speicherstadt.
Was die Arbeitsmaterialien angeht, verläuft ihr Weg von Aquarell und Gouache, über Kaseintempera, Acryl, gelegentlich Öl oder kombiniert mit anderen Techniken, „mixed media“, bis hin zur hart erkämpften Ölmonotypie. Ausstellungen hatte sie in Hamburg, z.B. im Hotel Elysee, in Kiel, Husum, Eiderstedt, im Alten Rathaus Garding, in der Strandkorbhalle St. Peter. Kürzlich wieder in der Hamburger Hafencity.
Zunächst begann USS mit konventioneller Malerei und üblichen Themen. Aber ihre Hamburg-Bilder zeigen keine Dampfer, keine Stadtansichten, sondern Wasser und Licht. So liegen z.B. die Arbeitsschiffe im Traditionsschiffhafen (Övelgönne, 2004, Neumühlen), still hinter Duckdalben, ihre Rümpfe spiegeln sich im leicht bewegten Elbwasser. Schnell versteht der Betrachter, dass es nicht das Postkartenmotiv der malerischen Schiffe ist, das die Malerin interessiert, sondern die Spiegelung ihrer Bootskörper im Wasser. Bewegtes Wasser, Lichtreflexe auf ihm, bilden gegen die statisch aufragenden Duckdalben einen spannenden Kontrast. Man versteht ihre Intention besser bei der Betrachtung der Gouache Elbwasser, 2005: hier befindet sich links unten ein Stück dunkler Strand, darüber wellig bewegtes Elbwasser und ein unsichtbares Objekt, vermutlich ein Duckdalben, der eine dunkle Spiegelung von der Mitte oben herunterschickt – wieder ein bewusst gewählter Ausschnitt eines hier nicht erkennbaren Orts, bei dem der Schwerpunkt auf dem leicht welligen Wasser liebt. Wunderbare Farbpartien in Blau, Braun wechseln mit hellen Glanzlichtern und einem dunkelblaubraunem Strand.
Anfangs übte sich USS in Aquarelltechnik und Gouache, bald in Temperamalerei, in der schwierigen Kaseintempera, später auch in der Malerei mit schnell trocknenden Acrylfarben. Beeindruckend in dieser Serie das Bild Neumühlen III von 2006, in das der untere Teil eines Duckdalbens von oben hereinragt, leicht aus der Mitte versetzt. Um ihn kreiselt das Tidewasser. Der Dalben spiegelt sich in einer ausufernden dunklen Form im unteren Teil des Bildes. Abendlicht fällt auf die Wasserfläche in hellen Gelbtönen, lässt den Pfahl im Gegenlicht in blauvioletten Tönen kontrastieren, hellt das gluckernde Wasser in vielen ovalen, weichen Formen auf. Farblich wie formal liegt hier ein radikales, gelungenes Bild in Acryl und Öl auf Holz vor.
(Das Motiv, Duckdalben und Wasser, nimmt sie 8 Jahre später noch einmal auf, in zwei Öl-Monotypien, Sommer oder summertime, 2014. Jetzt ist die Wirkung ganz anders, das Motiv ganz in flirrend aufgelöste Licht- und Schattenzonen und Übergange getaucht, herausgearbeitet in tausenden kleinteiligen Partien mit vielfarbigen Blitzlichtpunkten und violetten Schattenzonen. Denkt man an die Pointillisten und ihre mühevolle, langwierige Tüpfelei, Seurat und Signac in Südfrankreich, Ivo Hauptmann in Hamburg, erkennt man die Modernität der Monotypie und ihrer Möglichkeiten, - obgleich auch die Monotypie ein zeitaufwendiges Verfahren ist. Darüber später noch mehr.