Wer seine künstlerische Arbeit publiziert, sollte auf ein Publikum hoffen, das nicht auf veröffentlichte Einordnungen und Einschätzungen wartet und sich verlässt, um diese Hilfe suchend mangels gültiger Qualitätsmerkmale der zeitgenössischen Kunst anzuwenden und als Schablone auf das Gezeigte zu legen, sondern auf ein Publikum, das eigenem Augen-Eindruck und seinem subjektiven Empfinden folgt und fragt, ob persönlich geprägte Bilder zu sehen sind.
Das Persönliche ist das Originelle; Person heißt Eigenart. Mitläufer und Mitmacher sind ebenso im Künstlerischen wie in anderen Bereichen schwache Charaktere.
Wer ein halbes Jahrhundert lang die „Kunstszene“ teils miterlebt, teils distanziert beobachtet hat, kennt die ständig wechselnden Versuche, das „Zeitgemäße“, das „Moderne“, den „Zeitgeist“ zu definieren und dementsprechend künstlerische Tätigkeit zu bewerten und einzuordnen.
Ich finde diese Ordnungsversuche irrelevant.Mich interessiert die individuelle Verarbeitung des Erlebten, die persönliche Äußerung und, wie eine Person zu dem von ihr Geschaffenen passt.
Bei Ursula Schultz-Spenner finde ich eine solche Kongruenz, und zwar im Laufe der vergangenen Jahre intensiver Arbeit mit fortschreitender Professionalität, wozu die Entwicklung vorantreibender professioneller Reflexion, Selbstkritik und Skepsis gehört.
Ihr eigen ist klare, vollständig geordnete, der Freude am visuellen Erlebnis entsprechende Formulierung. Sie baut ihre Kompositionen sorgfältig, planmäßig in Schichten auf; Flüchtiges ist ihr fremd. Ihre Malerei beruht auf handwerklich-technischer Solidität bis Perfektion.
In Ursula Schultz-Spenners Arbeit finde ich meine Maxime „Das Sichtbare ist das Phantastische“ bestätigt: In ihrer Umgebung – ob nun hier auf Eiderstedt oder in Hamburg an der Elbe – sucht und findet sie ständig neue Anregungen und unverbrauchte Bildmotive. „Motiv“ ist ja Beweggrund, Antrieb. Das visuell Erlebte setzt sie, ihrem subjektiven Empfinden entsprechend, nach klassischen Prinzipien der Komposition in die Fläche um. Bei Ursula Schultz-Spenner sehen wir insbesondere in ihren im Atelier gemalten Gouache- und Acrylkompositionen – Bildgestaltung.
Je weniger sie primär um des Wiedererkennungseffektes bestimmter Landschaftsausschnitte willen arbeitet, sondern um eine Bildidee zu realisieren, desto mehr findet sie durch ihre Arbeit zu sich selbst und gibt sich zu erkennen. Je konsequenter sie sich auf sich selbst einlässt, desto stärker werden ihre Bilder, bietet sie den Betrachtern ihrer Bilder Neues, Eigenartiges, Bereicherndes.
Gedankliche Klärung ist der subjektive Gewinn der Malerin, die – innerhalb einer Bildkonzeption – die farbigen Elemente Punkt, Strich, Linie und Fläche einsetzt in einem farbigen, dem atmosphärischen Erlebnis entsprechenden Zusammenhang. Rhythmische Bewegtheit bei der Streuung und Gruppierung der malerisch-zeichnerischen Elemente sowie kompositorisches Kalkül halten sich die Waage.
Für das Gesagte nehme ich als Beispiel das große extreme Breitformat „Winterschilf“. Dieses Gouache-Bild – ebenso wie insbesondere die Acryl-Gouache-„Jenischpark“-Version - ist ein Beispiel dafür, dass es sich bei Ursula Schultz-Spenner lohnt, nach dem Gesamteindruck in gehörigem Abstand sich der Bildfläche zu nähern und die zahlreichen vielschichtig gesetzten farbigen Feinstrukturen zu erkennen: z. B. ocker-orangene Punkte oder weiße bis hellgraue gebogene Striche zu vielen Valeurs, abstrahierend dem realen Motiv entsprechend.