Rede Georg Panskus

Rede für Ursula Schultz-Spenner am 8. Mai 2022 im Kunsthaus St. Peter-Ording zur Ausstellung „BLAU“

Liebe Gäste!

Die Kunstsammlung zeigt in ihrer zehnten Ausstellung bevorzugte Bildmotive von Ursula Schultz-Spenner. Es sind ungewöhnliche Ausschnitte der Eiderstedter Küstenlandschaft, Spiegelungen in Priel und Sandwatt, Momentaufnahmen festgehalten mit verschiedenen Maltechniken. Daneben sind von sieben weiteren Künstlern unserer Sammlung beispielhaft Bilder zu sehen, die das Thema der Ausstellung „Blau“ aufgreifen. Schon immer haben Menschen die Symbolik der Farben genutzt. Blau steht für Weite und Tiefe, für Ausgeglichenheit und Vertrauen.

Frau Schultz-Spenner fragte mich, warum ich für die Vorstellungsplakate gerade ihr Selbstbildnis ausgesucht hätte, das sie nachdenklich und konzentriert zeige. Darauf erwiderte ich, dass ihre Bilder genau dieses widerspiegeln: Keine rein realistische Malweise, kein Sammelsurium von Eindrücken, es ist die Konzentration auf den Bildausschnitt aus ihrem Blickwinkel, die Wahrnehmung der Körperlichkeit der Dinge, der Landschaft. So stellt ihr Selbstportrait nicht, wie oft üblich, eine dem Betrachter zugewandte Frau dar, sondern sie scheint versunken in ihren Schaffensprozess zu sein, über den sie immer und immer wieder nachdenkt und zu einem guten Abschluss führen will.

So scheint mir ihre jetzige Malweise, die Öl-Monotypie, eine für die eben beschriebene Seite der Künstlerin passende zu sein. Die Dichte, die Raum einnehmenden Objekte und die über die Realität hinausgehenden Lichtspiegelungen / Gedankenspiegelungen zwingen den Betrachter auch vom Ganzen zum Detail und wieder zum Ganzen zu gehen und so den Eindruck zu haben, als könne man das Bild verstehen, ergründen es lange Zeit um sich haben und sich dabei wohl fühlen. Hier in der Galerie als auch in der Kunstsammlung können sie die Bilder von Nahem und von Weitem betrachten, sie dürfen sich Zeit lassen, denn Bilder wollen nicht nur als Abbildungen zweidimensional gesehen, sondern auch in ihrer Körperlichkeit, in ihrer Tiefe erfahren werden. Bei den Bildern von Frau Schultz-Spenner scheinen die Glanzlichter auf den Wellenspritzern uns entgegenzuspringen, die Spiegelungen uns zurücktreten lassen, um sie besser einordnen zu können, die schwere Dichte der Reethalme die darunter befindliche Feuchtigkeit erahnen lassen.

Dass ihre Bilder uns anrühren, kommt sicherlich auch daher, dass ein typischer Landschaftsausschnitt, ein exemplarischer Moment des Geschehens – Drachen – Sandsturm – leichte, spiegelnde Wellen – aufschäumende Gischt am Felsen – für das Ganze herhält. Aus der Erfahrung wissen wir, dass der Mensch stets versucht, sich aus Teilen ein Ganzes zusammen zu setzen, ein Teil als ein Teil eines besonderen Ganzen erkennen will. Und unsere Erinnerungen erkennen die Motive mit denen wir Gefühle, Situationen, Begebenheiten, Erfahrungen verbinden, wieder. Waren sie positiv, werden wir auch das Bild positiv bewerten.

Die kühlere Farbe Blau spielt dabei eine bedeutende Rolle. Sie ist ja nicht nur die Farbe des Himmels und des Wassers. Blau wirkt frisch, beruhigend und entspannend, wirkt sich sogar positiv auf Herzfrequenz und Blutdruck aus, wirkt schmerzlindernd. Blau steht für Vertrauen, Produktivität und Sympathie. Natürlich kommt es auf die Farbnuancen, die Farbintensität und die Farbumgebung an. Gekonnt im Bild eingesetzt kann sie Freundlichkeit, Sanftmütigkeit, Sensibilität ausdrücken: zum Beispiel beim Bild der blau ummantelten Madonna, beim Blick auf den ruhigen See, beim Blick auf die bunten Drachen in unserem klaren, blauen Nordseehimmel.

Die Farbpsychologie spielt nicht nur bei Bildern, sondern auch im Alltag eine Rolle. Die Wahl unserer Farben, Kleidung, Auto, Haus, Bewerbungsunterlagen usw. haben einen großen Einfluss darauf, wie wir von anderen wahrgenommen werden (wollen). Farben subtil einsetzen ist eben eine Kunst. Diese Kunst beherrschen auch die anderen Künstler, deren Bilder wir ihnen zeigen.

[…]

Als ein Beispiel habe ich den Flyer zur hiesigen 10. Ausstellung gewählt. Schauen Sie sich den genau an. Welche Hintergrundfarben entdecken Sie? Sie werden staunen, wie oft gerade Mode- oder Werbeschriften, -zeitschriften solche dezenten Hintergrundfarben verwenden. Zurück zu unseren wunderschönen, kreativen Bildern!

Hier das dunklere Blau des Himmels beim „Sandsturm“, dort das lichte Himmelsblau über Strand und Watt. Entdecken Sie die Bilder, bei denen Sie zwei- oder dreimal hinschauen müssen, wollen und zu denen Sie später noch einmal zurückgehen, weil sie ihnen irgendwie gefallen. Wenn Sie Glück haben, entdecken Sie, warum Sie so reagieren. Sie müssen es nicht benennen, es darf auch nur ein Gefühl sein: Das gefällt mir! Das passt zu mir!

Zum Schluss muss ich noch meinen Geheimtipp loswerden. Wenn Sie um diese Wände herumgehen, halten sie einen Moment inne und lassen die dort aufgehängten Bilder, Portraits, auf sich wirken. Schon die Anordnung, die Frau Schultz-Spenner vorgenommen hat, ist bemerkenswert, dann die Motive und darüber hinaus die mit großer Malkunst eingefangenen Stimmungen und Gefühle ihrer Portraitierten.

Als meine Frau und ich die Bilder von Frau Schultz-Spenner sahen, sagten wir uns, dass auch Sie diese Bilder sehen sollten.

Deshalb freuen wir uns, dass Frau Schultz-Spenner sich bereit erklärte, ihre Bilder als Leihgaben zur Ausstellung beizusteuern, um so eine Werkschau zu ermöglichen.
Das Bild, das unser Plakat schmückt, werden wir auf jeden Fall für die Kunstsammlung erwerben. Für mich ist es das Erkennungsbild für einen neuen Schaffensabschnitt unserer Künstlerin, an dem sie uns teilhaben lässt.

Wir wünschen ihr viel Erfolg und Freude an ihren Werken!

Ursula und Georg Panskus, 8. Mai 2022